Deutsche Sprache und Physik

JAHRESARBEIT VON  JOHANNA-HELENE BAUMANN

PHYSIK IM ALLTAG

PHYSIK UND DEUTSCHE SPRACHE

 

 

„Man wärmt sich bald bei großem Feuer“. Dass bedeutet, dass sich oft ein größerer Aufwand lohnt. Wenn man alles auf „Sparflamme“ tut muss man sich nicht wundern, dass der Effekt spärlich ist oder ganz ausbleibt. Wird dagegen viel investiert oder engagiert man sich mit ganzer Kraft, ist die Chance auf Erfolg groß. „Schön, aber warum erzählt die uns das jetzt? Was hat das denn mit Physik zutun?“ werdet ihr euch jetzt sicher fragen. Nun, ich kann es euch verraten: Sprichwörter oder Redensarten benutzten oft ein Bild, um etwas – zum Beispiel ein Verbot oder eine Warnung - zu umschreiben. Diese Bilder haben viel mit Natur-Beobachtungen zu tun, die die Menschen zu allen Zeiten gemacht haben und die dann zu Vergleichen mit anderen Lebensbereichen herangezogen wurden. Deshalb finden wir zum Beispiel auch gleiche oder ähnliche Sprichwörter in verschiedenen Sprachen. Und deshalb finden sich in vielen Redensarten physikalische Gesetzmäßigkeiten wieder. Ich stelle mir vor, dass ein Naturwissenschaftler und ein Dichter zusammen spazieren gehen und entdecken, dass ihre Rufe vom gegenüberliegenden Hügel zurückschallen. Der Wissenschaftler erforscht daraufhin die Ausbreitung der Schallwellen, der Dichter aber hinterlässt uns die Redensart: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Damit habe ich mich beschäftigt und herausgefunden, dass bei Sprichwörtern manchmal ziemlich um die Ecke gedacht wird und man manchmal am Ende der Sinn des Sprichwortes überhaupt nichts mehr mit dem Sprichwort selbst zu tun hat. Ich habe auch Sprichwörter ohne erkennbaren Sinn gefunden und Redensarten, die physikalischen Gesetzen widersprechen. Und ich habe festgestellt, dass man wahrscheinlich für jede Situation im Leben ein Sprichwort finden kann. Aber keine Angst, ich werde euch in 9 Kapiteln sicher durch das verbale Labyrinth der Physik führen und ihr werdet es (hoffentlich ;-)) nicht bereuen, meine Jahresarbeit gelesen zu haben.

Also dann LOS!

Kapitel  1

Sprichwort:

Man wärmt sich bald bei großem Feuer.

Bedeutung:

Mit größerem Aufwand erreicht man auch viel.

Einordnung in die Physik:

Wirkungsgrad (ŋ)

Gesetz(e):

Gesetz vom Wirkungsgrad

Wirkungsgrad: Der Wirkungsgrad gibt an, welcher Teil der aufgewandten Energie in nutzbare Energie umgewandelt wird.

ŋ = E nutzbar : E aufgewandt

Bei unserem Sprichwort allerdings ist der Wirkungsgrad bei offenem Feuer der gleiche, egal ob viel Holz (=großes Feuer) oder wenig Holz (=kleines Feuer). Die abgegebene Wärmeenergie steht immer im gleichen Verhältnis zur thermischen Energie des verbrennenden Feststoffes Holz.

Kapitel 2

Sprichwort:

Ohne Reibung kein Feuer.

Bedeutung:

Man braucht das Eine für das Andere oder auch: Alles hat einen Grund oder eine Ursache.

Einordnung in die Physik:

Reibungskraft (FR in N)

Gesetz(e):

Gesetz der Reibungskraft

Physiker:

Isaak Newton                        (1643-1727)

Reibungskraft: Die Haftreibungskraft ist größer als die Gleitreibungskraft.

FG < FH

Die Abhängigkeit der Reibungskraft von den sich berührenden Stoffen und von der Beschaffenheit ihrer Oberflächen gibt man zahlenmäßig durch die Reibungszahl µ an. Bei Reibung von manchen Stoffen (z. B. Holz auf Holz) ist diese Zahl so hoch, dass ein Feuer entstehen kann.

Kapitel 3

Sprichwort:

Die Länge trägt die Last.

Bedeutung:

Ich muss nicht alles auf einmal tun. Wenn man die Last verteilt, wird es leichter.

Einordnung in die Physik:

Mechanik: Druck (p in N/cm)

Gesetz(e):

Auflagedruck = Kraft durch Fläche

Physiker:

Blaise Pascal

(1623-1662)

Der Auflagedruck gibt an, wie groß die Kraft ist, die senkrecht auf eine Fläche von 1 cm2 wirkt. Bei gleich großer Krafteinwirkung sinkt der Auflagedruck, wenn man die Fläche vergrößert. Diese Gesetzmäßigkeit macht man sich zum Beispiel beim Laufen mit Schneeschuhen nutzbar oder auch, indem man schwere Baufahrzeuge mit Raupen statt mit Rädern ausstattet, damit sie nicht einsinken.

p= N:cm3

Kapitel 4

Sprichwort:

Was man an Kraft spart, muss man an Weg dazulegen.

Bedeutung:

Mit weniger Kraft braucht man länger, um sein Ziel zu erreichen oder: Wer schwächer ist, kann über längere Zeit doch viel zuwege bringen.

Einordnung in die Physik:

Arbeit und Leistung

Gesetz(e):

Hebelgesetz

Physiker:

Hebelgesetz: Die Kräfte verhalten sich zueinander umgekehrt wie die Länge der zugehörigen Kraftarme.

Im Gleichgewicht gilt: F1 : F2 = l1 : l2

Kapitel 5

Sprichwort:

Zu schwere Last erdrückt den Esel.

Bedeutung:

Mach nur das, was du auch schaffen kannst!

Einordnung in die Physik:

Gewichtskraft

Gesetz(e):

Newtonsches Gesetz

Physiker:

Isaac Newton

Gewichtskraft: Die Gewichtskraft FG gibt an, wie stark ein Körper auf seine Unterlage drückt oder an seiner Aufhängung zieht.

Die Gewichtskräfte wirken immer zum Erdmittelpunkt hin.

Kapitel 6

Sprichwort:

Kleine Töpfe laufen bald über

Bedeutung:

Man soll sich nicht zuviel vornehmen

Einordnung in die Physik:

Volumen (V in cm3)

Gesetz(e):

Archimedisches Gesetz

Physiker:

Archimedes

 

1

Volumengesetz: Die Menge des verdrängten Wassers (1) entspricht der Masse des Körpers(2).

V= a∙ b∙ c

Kapitel 7

Sprichwort:

Wie der Wind weht, so biegen sich die Bäume

Bedeutung:

Die meisten richten sich nach der allgemeinen Meinung der Leute

Einordnung in die Physik:

Energieübertragung

Gesetz(e):

Gesetz von der Übertragung der Energie

Physiker:

James Prescott Joule  (1818-1889)

Gesetz von der Übertragung der Energie: Energie kann von einer Energieform in eine andere Energieform umgewandelt werden.

E potentiellàE kinetischàE potentiell

Kapitel 8

Sprichwort:

Ein großes Schiff braucht viel Wasser.

Bedeutung:

Wenn man viel erreichen will, muss man viel investieren.

Einordnung in die Physik:

Auftrieb

Gesetz(e):

Gesetz vom Auftrieb

(und  Volumengesetz)

Physiker:

Archimedes

Erklärung: Schiffe haben einen hohlen Rumpf, der es ihnen ermöglicht auf dem Wasser zu fahren, ohne zu sinken. Aber selbst wenn sie nicht so tief in das Wasser eintauchen, verdrängen sie trotzdem soviel Wasser, dass die Auftriebskraft gleich der Gewichtskraft des leeren Schiffes ist.

Für jede Tonne, die dass Schiff mehr aufgeladen hat, verdrängt es einen Kubikmeter Wasser. Deshalb sinken beladene Schiffe tiefer ins Wasser ein als leere Schiffe.

FA= ρ∙ V∙ g

Kapitel 9

Sprichwort:

Wer zur Tür hinaus ist, hat die Hälfte der Reise getan.

Bedeutung:

Etwas zu beginnen ist schwer. Hat man erst einmal den Anfang gewagt, dann, fällt es leichter, weiterzumachen.

Einordnung in die Physik:

Bewegung

Gesetz(e):

Weg-Zeit-Gesetz

Das Weg-Zeit-Gesetz beschreibt das Verhältnis zwischen Strecke, Geschwindigkeit und Zeit.

V = s : t  oder  s = V ∙ t   oder t = s : V

Hier stimmt etwas nicht: Unser Sprichwort hält sich nicht an die physikalischen Gesetze, sondern benutzt den subjektiven Eindruck eines Reisenden, schon länger als tatsächlich auf dem Weg zu sein. Wir haben ja oft auch den Eindruck, dass in manchen Situationen die Zeit besonders schnell oder langsam vergeht – was natürlich nicht stimmt. So ist das eben mit den Sprichwörtern.

Schlussbemerkung

Ihr seht also: die Bedeutung des Sprichwortes muss nicht unbedingt etwas mit den physikalischen Gesetzen zu tun haben. Meistens vermittelt uns aber die Bildersprache solcher Redensarten einen sehr genauen Eindruck von dem, was umschrieben wird. In ihrer knappen Form sind Sprichwörter eine besondere Form von Sprache. Ich habe bei meinen Forschungen festgestellt, das dies ein ziemlich interessantes Thema ist und ich werde wohl noch eine Weile „dranbleiben“, denn:

Je länger man lernt, je weiter man kommt!

Quellenangabe

- Sprichwörterlexikon

- Physikbuch

- Tafelwerk