Gedichte-2008

Freier Fall



Ich springe – falle
fang mich auf und halte mich
dann springe ich
- weich falle ich

Glaubst es sorgt sich unsereins
um ein nichtig Menschenleben
wenn du meinst...

Heute zählt doch nur die Masse
ein Mensch ist nichtig
...überzeuge mich vom Gegenteil
vielleicht bin ich einsichtig

Diese Leere in mir drin
es kommt mir sinnlos, nichtig vor
wenn ich alleine bin
das Leben

Was ist schon leben?
Tag an Tag gereiht, immer das gleiche
Versuchen alles zu verstehen, recht zu machen
lernen, zu folgen, einsichtig zu sein
- zu quälen

Die, die das von mir verlangen
von ihnen hängt mein Leben ab
ihnen ist es egal, wie es anderen ergangen

Ich könnte springen
wen interessiert's?
Es ist egal
ach, du bist noch da?

Stolz



auch ich hatte meinen stolz
bis sie kamen – ihn mir raubten
ein harmloses kleines geschäft
weiterleiten zum empfänger
als ein mittelsmann
ein kleines glied in einer langen kette
nicht mehr als eine schraube
im urhwerk einer taschenuhr

ein mann im schwarzen anzug -
er holt die kleinen schachteln ab
ich weiß nicht was sich drin befand -
wills nicht wissen
das bündel scheine in der hand
es war ein traum – zu schön, um wahr zu sein

jetzt bin ich hier
den grauen stein im rücken
hartes holz, auf dem ich sitz
gesiebtes licht zu meinen füßen
das uhrwerk ist geplatzt
in demut denke ich zurück
ich war frei – konnte leben
wie's mir passte
damals war ich stolz

ich seh sie entschwindet
- die freiheit
das licht, verblasst
finster wird’s um mich
doch hab' ich wirklich verloren?

Menschmaschine



ich stehe auf
weil ich muss
ich gehe schlafen
weil ich muss
verschwende meinen tag
weil ich muss
befolge befehle, die mit nicht gefallen
weil ich muss
rede mit leuten, die ich nicht leiden kann
weil ich muss
bin höflich zu jedem
weil man ja muss

doch muss ich wirklich
warum kann ich nicht selbst bestimmen
„du tust es für dich“
Nein ich tue es für euch
für menschen, die ich nicht leiden kann
weil ich muss

du musst
damit du geld verdienen kannst
später

du musst geld verdienen
wozu?
du brauchst einen job
du musst
wozu?
du musst

stehe auf
du musst
gehe schlafen
du musst
keine neue freiheit
du musst
später dann neue gefangenschaft
du musst
bin ein sklave
von anderen sklaven
wir müssen

was versklavte uns?
wer sagt
„du musst“

alle sagen
du musst
und müssen doch selber
füge dich
du musst

sei anders
und du wirst gehasst
versuche zu ändern
und du wirst ausgelacht
sie können nicht anders
sie müssen

will ich diese welt
Nein
ich muss
ich kann nicht

wer sagt
„du musst“
ich weiß es nicht
ich muss

es scheint
wie ein teufelskreis
„du musst“
ich komme nicht raus
„du musst“
warum?

denk nicht
diene
Menschmaschine

Lieben



Nie wollte ich lieben,
doch jetzt ist es mir passiert.
ich weiß ich kann sie nicht kriegen,
doch jetzt ist es mir passiert.

Was soll ich jetzt machen,
was soll ich jetzt tun.
ich kanns ihr nicht sagen,
ich lasse es auf sich beruhen.

Weil wenn ich's ihr sage,
dann wird sie's nicht glauben.
Es wird eine Plage,
sie wird meine Liebe rauben.

Ich will es nicht sagen,
ich muss mir's verbieten.
Ich bin ein Rebell,
ich kann nicht lieben.

Nie wollte ich lieben,
doch jetzt ist es passiert.
Ich habe verloren,
denn jetzt ist es passiert.

Hört mir zu

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Hört mir zu
Gebt auf zu Denken
Lasst euch von dem Einen lenken
Menschen, die ihn noch nie geseh'n
Verkünden seine Botschaften.

Er ist der Schöpfer, Erschaffer von allem
Wenn ihn gehorcht lässt er euch fallen
Auch wenn ihr nicht hört was er mag sagen
Glaubt an ihn und stellt keine Fragen
Folgt seinem Willen, folgt seiner Worte
Sonst schickt er euch durch die andere Pforte
Er schickt euch zu dem
der einst auch nicht gehorchte

Nur die, welche sich ihm untergeben
Haben nach dem Tod ein weiteres Leben
Diktatorisch unterdrückt er alles und jeden
Und wer seinem Bild nicht entspricht wird eben
Konzentriert an einem qualvollem Ort
Ohne Chance zu entkommen jemals wieder fort

So werden die Unvollkommenen grob aussortiert
Von einem Herrscher, dessen Machtgier
Einen anderen nicht toleriert

Streit



Der Mensch sucht Streit,
Anstatt zu vergeben.
Der Mensch sucht Streit,
Anstatt zu reden.
Der Mensch sucht Streit,
Anstatt zu geben
Wann versteht er,
dass es ohne viel besser geht.

Der Sturm kommt



Der Sturm kommt,
Uns alle in den Abgrund zu reißen.
Der Sturm geht,
Er ist das Rost und wir das Eisen.

Der Sturm kommt,
Er macht keinen Halt vor den Jungen und Schwachen.
Der Sturm geht,
Sein Gesicht geprägt von höhnischem Lachen.

Der Sturm kommt,
Er zerstört alles und jeden.
Der Sturm geht,
Er lässt die Erde erbeben.

Der Sturm ist fort,
Die Erde nur noch aus Asch und Staub.
Der Sturm ist fort,
Die Erde ihres letzten Atemzugs beraubt.

Lücke


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Das läuft springend über grün
wellend zieht sich dahin Das braun
still greift tief Das beige
geregelt scharf schlägt Das weiß
fließend träufelt dahin Das rot

starr bewegt verwießen Das rot
kalt liegt eng Das weiß
freudig lechzend sucht Das beige
brodelnd spritzt heiß Das braun
Das zurück zu grün?

Im System



Festgegliedert, eingereiht
Im Getriebe dieser Zeit
Das System, das System
Wir entkomm'n ihm nicht.
Keiner mehr der uns befreit.

Kontrolliert und bewacht,
Sind wir Tag's und bei Nacht.
Das System, das System
Wir entkomm'n ihm nicht.
Wir sind nur als Glied gedacht.

Wer machte das System?
Wer wollte denn, dass wir mitgeh'n?
Das System, das System
Wir entkomm'n ihm nicht.
Ich werd's nie versteh'n.

Bleibe stehn,
Wenn andre gehen!
Wenn andre eilen,
Warte noch!
Das System, das System
Vielleicht entkommen wir ja doch?

Der Gefangene



Nichts als Stille,
Draußen stehen Genossen
Das ist sein Wille,
sie werden erschossen.

Doch niemand weint,
sie sind allein.
Doch es scheint,
sie sind vereint.

Es kommen Schritte
und es klopft an der Tür.
Ich beiß auf die Lippen
und schreite zur Tür.

Die Tür ist offen,
es ist beschlossen.
Ein Mann betroffen,
sagt, ich werd erschossen.

Sie war Jüdin,
war das der Grund.
Ich war Deutsch,
es ist die Stund.

Blaues Licht



Blaues Licht, es knallen die Türen
die Stimmen sind laut, gehetzt

sie reißen mich aus dem tiefen Schlaf
und doch erscheinen sie so weit weg

Wie sind sie?
Wo sind sie?
Wer sind sie?

Sie rütteln mich, Helles drängt sich auf
ich sehe sie, doch erkennen kann ich sie nicht
zu kalt ist es ich spüre die Tiefe
doch sie sind zu weit weg

Wie sind sie?
Wo sind sie?
Wer sind sie?

Der Einsiedler



Was hat ihn zur Einsamkeit gebracht?
Hat ihn der Alltag der Menschen krank gemacht?
Wird er gejagt, wurd er verbannt?

Einst war er ein reicher Herr
hatte Frau, Sohn und ein großes Gut
Angesehen war er in des Königs Armee
bewies auf dem Schlachtfeld Stärke und Mut

Er war glücklich bis zu jenem verhängnisvollem Tag
Er kehrte früher heim, von der Jagd
Er sah seine Frau einen alten Freund lieben
Dieses Bild zerstörte seinen inneren Frieden
Er griff erfüllt von Zorn zum Gewehr
Er konnte nicht klar denken
für ihn war es nicht schwer

Der Alltag der Menschen war ihm egal
Er wurde nicht gejagt oder verbannt
es war der Schmerz der in ihm brannt.
Getötet hat er Frau und Freund
Beschlossen hat er an dem Abend er wird nie mehr zur Waffe greifen
Er konnte keinem Menschen mehr in die Augen sehen
so hat er beschlossen in die Einsamkeit zu gehen

Was ich will


Ich gehe allein am Strand entlang
Nur mit mir selbst und dem Meeresklang
Der Himmel ist blau und der Wind steht still
Ist es das, was ich will?

Ich gehe im Wald entlang
Nur mit mir selbst und dem Blätterklang
Die Sonne ist rot und der Wind geht leicht
Will ich das vielleicht?

Es ist egal wo ich steh
Es ist egal wohin ich geh
Solang du nicht kommst sein bei mir
Will ich nur zu dir!

Frei



lass mich ein Vogel sein, ohne Aufgaben
ich könnte wegfliegen ohne Last
ich wäre frei ohne Zwang
ganz allein ohne Druck

unbeschwert fliegen, wohin ich will
die Bilder vergessen, alles verstehen
nicht denken, nicht glauben, nicht hoffen
keine Tränen mehr vergießen

lass mich ein Vogel sein ohne Trauer
klein und unschuldig, ohne Schmerz
einfach abhauen, ohne Gewissen
der Sonne entgegen ohne Rast

Pause machen, wann ich will
ob hell, ob dunkel, der Tag wär mein
ich wär ich selbst, hätt kein Ziel
nicht mehr weinen, mein Traum

lass mich ein Vogel sein ohne Verfolgung
die Briefe wären Tod, ohne Leben
die Tage sind weg, ohne Wiederkehr
ich wär frei, ohne Schuld

die Liebe wär weg, Erinnerungslos
keine Geborgenheit, schutzlos, winzig
allein der Wildnis ausgeliefert
will ich nun ein Vogel sein?

papierflügel


bannerpapierfluegel

papierflügel
dünn an den armen
zu tragen jeden einzelnen
zu erhalten die illusion der unsterblichkeit

luftzüge
verursacht von dem anderen
der mit einem fliegt
gemeinsam, zusammen im klaren himmel – niemals endend

er sagt „für immer“
und baut ihr flügel

leichter wind
wolken ziehen auf
weiß und unbeachtet
bleiben stehen, verdichten sich – graues licht

feuchte luft
schwer vom himmel
hände ineinander verschlungen
doch sie berühren sich nicht

er sagt „alles wird gut“
und lässt sie nicht los

große tropfen
perlen ab von den flügeln
nicht lange
färben sie schwarz – schwer und nass

er sagt „für immer“
und nimmt ihr die flügel

nichts ist unsterblich
die rettung auf ewig verloren
drei worte
verblassend auf nassem papier
„ich liebe dich“

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